Thema des Tages

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10.12.2024
Bilanz der Tornadosaison in Deutschland 2024
Tornadozahlen seit 1999

Das Jahr neigt sich allmählich dem Ende zu und so bietet sich eine gute Gelegenheit Bilanz zu ziehen. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die Zahlen der letzten 25 Jahre. Die Darstellung zeigt die sogenannten Tornadostripes, in Anlehnung an die allseits bekannten Warming Stripes. Dabei wird seit 1999 jedem Jahr ein eingefärbter Balken zugewiesen, der abhängig vom Mittelwert eine rötliche Farbe aufweist, wenn die Zahlen überdurchschnittlich hoch waren und eine blaue Farbe für unterdurchschnittliche Werte. Je nach Ausprägung der Abweichung ist der Farbton der Balken mehr oder weniger kräftig. Die durchschnittliche Anzahl an Tornados im Mittel zwischen 2000 bis 2023 liegt bei 45. Man erkennt eine starke Schwankung von Jahr zu Jahr, aber keinen Trend hin zu einer Zunahme der Tornadozahlen. In diesem Jahr sind bisher 40 Tornados offiziell bestätigt worden. Es ist aber davon auszugehen, dass am Ende noch ein paar mehr Verdachtsfälle bestätigt werden. Die Tornadoarbeitsgruppe (TAD, https://tad.tornadoliste.de/) schaut sich immer im Frühjahr des Folgejahres alle Verdachtsfälle nochmal näher an, so dass die endgültige Gesamtzahl erst dann vorliegen wird. Man kann aber schon bilanzieren, dass die Saison 2024 eine recht durchschnittliche Tornadosaison gewesen ist, ähnlich wie in den vorangegangenen Jahren.

Die Grafik zeigt die jährliche Anzahl an Tornados in Deutschland im Vergleich zum vieljährigen Mittel zwischen 2000 und 20023. (Quelle ESWD / ESSL (European Severe Storms Laboratory), Marcus Beyer / Deutscher Wetterdienst)

Stärkeverteilung 2024

Wenn man die Tornados nach Ihrem Auftreten unterscheidet, so waren 15 der 40 Tornados sogenannte Wasserhosen, also Tornados, die über Wasser gezogen sind. Die restlichen 25 sind folglich über Land entstanden und gezogen. Der überwiegende Teil der Wirbel war schwach. Für die Bewertung der Stärke der Tornados wird die internationale Fujita-Skala verwendet (IF-Skala: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/11.html). Bei zwölf der bestätigten Tornados konnte keine Stärkeeinteilung vorgenommen werden. Dies ist meist der Fall, wenn die Tornados über Wasser ziehen oder kein Schaden am Boden gefunden werden konnte. Acht Tornados hatten die Stärke IF0 (2) oder IF0.5 (6). Der größte Anteil mit 19 Fällen ist in der Kategorie IF1 zu finden (IF1: 10, IF1.5: 9). Lediglich ein Fall kann als signifikanter Tornado der Stärke IF2 klassifiziert werden.

Die beide Karten zeigen die Verteilung der Tornados im Jahr 2024. Auf der linken Seite wurden die Tornados in Wasserhosen und Tornados über Land unterschieden. Rechts sieht man die Stärke der Tornados. (Quelle Deutscher Wetterdienst)

Jahresgang und Tagesgang 2024

Werfen wir nun einen Blick auf den Jahresgang. Der Großteil der Tornados trat in den Sommermonaten auf. Sieben Tornados wurden im Juni, neun im Juli und zehn im August registriert. Im April waren es sechs Fälle und im Frühjahr sind von März bis Mai zusammen acht Fälle aufgetreten. Die Verteilung passt gut zu den vieljährigen Statistiken von 2000 bis 2023. Auch hinsichtlich der Wasserhosen war es ein sehr typisches Jahr, da neun der insgesamt 15 Wasserhosen im August registriert wurden. Immerhin traten fast die Hälfte aller Tornados über Wasser seit 2000 im August auf. Bei der Betrachtung des Tagesganges lässt sich feststellen, dass der überwiegende Teil aller Tornados in den Nachmittagsstunden gemeldet wurden. Ganze 23 und damit mehr als die Hälfte aller Wirbel traten zwischen 12 und 18 Uhr UTC auf. In den Vormittagsstunden (6 bis 12 UTC) sind elf Tornados registriert worden, wobei der größte Teil Wasserhosen (9) gewesen sind. Die Stunden (+/- 30min) mit den meisten Tornados waren 13 UTC (6) und 14 UTC (7). Auch diese Zahlen passen wieder gut zu den Langzeitstatistiken.

Interessant ist noch die Tatsache, dass die große Mehrheit an Tornados im Jahre 2024 aus Südwest (Südwest, Süd-Südwest, West-Südwest) in Richtung Nordost gezogen sind (immerhin 14 von 40). Von West nach Ost zogen fünf, von Süd nach Nord zwei und von Nordwest in Richtung Südost vier Tornados. Bei den restlichen 25 Wirbeln wurde keine Zugrichtung angegeben.

Die beide Karten zeigen die Verteilung der Tornados im Jahr 2024. Auf der linken Seite ist der Jahresgang der Tornados zu erkennen. Rechts sieht man den Tagesgang der Tornados in diesem Jahr mit der größten Anzahl in den Nachmittagsstunden. (Quelle Deutscher Wetterdienst)

Ausgewählte Fälle

Der erste Tornado 2024 trat am 21.03.2024 um 13:40 UTC in Landsberg am Lech auf und hatte eine Stärke von IF1. Der Tornado richtete auf eine Länge von 5.2 km vor allem Schäden in der Vegetation an, beschädigte aber auch ein paar Gebäude in Landsberg. Im März sind Tornados eher unüblich. Nur knapp 2 % aller Tornados in der Datenbank traten in diesem Monat auf. Der stärkste Tornado mit einer Stärke von IF2 wurde am Abend des 18.06.2023 um 18:15 UTC in Heere in NRW registriert und war einer von drei Tornados an diesem Tag. Dieser Wirbel zog vor allem über Felder und durch Waldgebiete und richtete teils erhebliche Schäden an der Vegetation an. Der Tag mit den meisten Tornados an einem Tag war der 08.08.2024. An diesem Tag finden sich insgesamt sieben Tornados in der Datenbank. Es handelte es sich dabei um Wasserhosen, die zwischen 07:30 und 08:45 UTC über der Nordsee von Föhr und Borkum aus gesichtet wurden. Eine dieser Wasserhosen zog schließlich an Land und warf zahlreiche Strandkörbe um. Das Video dazu war recht prominent in den Medien zu finden. Der breiteste Tornado 2024 war wiederum auch der stärkste Tornado 2024 in Heere. Bei der Analyse der Schäden wurde eine maximale Breite von 450 m registriert. Der Tornado in Heere zog über eine Länge von 5.3 km. Der Tornado mit der längsten Zugbahn fand am 12.07.2024 in Marienfeld in Nordrheinwestfalen statt. Schäden von diesem IF1.5 Tornado konnten auf eine Länge von 8.3 km gefunden werden. Im Mittel haben starke Tornados eine längere Lebensdauer und sind auch größer als schwache Tornados.

Auf den Fotos sieht man Schäden, die von dem stärksten Tornado 2024 (IF2) bei Heere angerichtet wurden. Der Tornado war gleichzeitig derjenige mit der größten Breite der Tornadoschäden (450 m). (Quelle www.torkud.de)

Ein kurioser Fall

Zu guter Letzt noch ein Wort zum kuriosesten Tornado in diesem Jahr. Dieser fand an einer unscheinbaren Schauerzelle bei Philippsburg in Baden-Württemberg statt. Das kuriose daran war, dass die Zelle, die den Tornado produzierte, kein Gewitter war (es gab also weder Blitz noch Donner). Trotzdem war das Erscheinungsbild auf dem Radar typisch für eine Superzelle (Hakenecho). Wahrscheinlich wäre dieser Tornado nie entdeckt worden, denn er richtete kaum Schäden an. Lediglich abgebrochene Äste und platt gedrückte Felder zeugen von seinem Auftreten. Der Zufall wollte es aber, dass Jannick Fischer vom KIT (Karlsruher Institut für Technologie) die verdächtige Zelle auffiel und er diese mit seiner Kamera verfolgte und den Tornado schließlich filmen konnte.

Auf den Fotos sieht man den gefilmten Tornado und ein Schadensbild mit plattgedrückten Maisfeldern. (Quelle www.torkud.de)

Dieser letzte Fall wirft die Frage auf, wie viele solcher Fälle jedes Jahr durch die Lappen gehen. Weil eben nicht zufällig jemand in der Nähe ist, der sich auskennt, oder weil es dunkel war und man den Tornado nicht sehen konnte. Sicherlich werden nach dem Treffen der TAD im Frühjahr noch ein paar Fälle hinzukommen, eine Dunkelziffer aber wird bleiben – wie jedes Jahr. Sollten Sie noch einen interessanten Fall haben, der nicht in den Statistiken auftaucht, dann schreiben Sie unserer Tornado-Expertengruppe: tornado@dwd.de



Dipl.-Met.
Marcus Beyer Tornado-Expertengruppe

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 10.12.2024 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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